Bewertung von Immobilien im Nachlass, bei Schenkung oder Erbschaft u.s.w. 

Warum sich der Einspruch durch einen Rechtsanwalt gegen die Bewertung vielfach lohnt?

 

Von RA Dr. Johannes Fiala, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches- und Versicherungsrecht, München (www.fiala.de)  

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt vom Schreibtisch aus den Wert einer Immobilie zu hoch ansetzt, liegt nach sachverständiger Erfahrung bei bis zu 80%. Im Einzelfall wird dann der Wert von der Amtsstube aus um bis zu mehr als 50% zu hoch angesetzt. Stets geschieht dies ohne irgendeine böse Absicht der Behörden.

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Einstieg beim Sachwertverfahren ohne Berücksichtigung von Schäden Zunächst geht die Finanzverwaltung vom Sachwertverfahren aus. Wird ein Sachverständiger bzw. Privatgutachter beauftragt, werden vor Ort sämtliche Schäden und die Ausstattung erfasst, was den Sachwert in der Regel massiv mindert. Nachdem das Finanzamt in der Regel keine Außenbeamten für Ermittlungen zugunsten der Steuerpflichtigen losschickt, bleiben Schäden am Objekt zunächst außen vor. Um Ausstattung und baulichen Zustand kann es auch bei der Bewertung von zu Wohnzwecken vermietetem Grundbesitz im Ausland (EU und EWR) gehen.

Nächster Akt – es wird das Vergleichswertverfahren vorgegeben  

Das Finanzamt reagiert nach Bekanntwerden der Schäden und des damit wesentlich niedrigeren Sachwertes vielfach damit, daß eine Begutachtung nach dem Vergleichswertverfahren gefordert wird. Dies ist jedoch häufig undurchführbar, weil die Daten der amtlichen Kaufpreissammlung anonymisiert sind, so daß niemand erkennen kann, welcher frühere Kaufpreis sich auf welches Objekt in welchem Zustand bezogen hatte. Die typische schematische Anwendung durchschnittlicher Miet- oder Bodenrichtwerte ermöglicht der Finanzverwaltung keine individuelle Bewertung.

Überhöhte Abgaben nach der Kostenordnung (KostO) können sich auch bei gerichtlichen Nachlass-, Schenkungs-, Vormundschafts- und Betreuungsverfahren ergeben. Denn vielfach werden sich Rechtspfleger bzw. Kostenbeamten ebenfalls der Kaufpreissammlungen bedienen, um die Verfahrenskosten für das Familien-, Nachlass-, Vormundschafts- bzw. Betreuungsgericht festzusetzen.

Letzter Akt – niedriger sogenannter gemeiner Wert  

Vielfach haben sich von Behörden angesetzte Immobilienwerte als nicht zutreffend erwiesen, so dass es angebracht ist die Bewertung(en) mit einem Rechtsbehelf – etwa des Einspruch gegenüber der Finanzverwaltung - zur Überprüfung zu stellen. Nicht selten bleibt die Finanzverwaltung hartnäckig bei ihrer Auffassung, solange kein Rechtsanwalt die Interessen der Betroffenen vertritt. Häufig wird methodisch am Ende dann nur das Sachwertverfahren nach § 182 Bewertungsgesetz (BewG) zum Ziel führen. Liegt der wirkliche (sogenannte gemeine) Wert nachweislich niedriger, so spart dies völlig legal Abgaben. Es bedarf jedoch eigener Initiative zur Einschaltung eines Gutachters und nötigenfalls zur Durchsetzung auch eines Rechtsanwaltes. Nur wenn ein Fall sogenannter Amtshaftung vorliegt, wird ein Betroffener die Erstattung seines Aufwandes verlangen können. Dennoch wird die Abgabenersparnis bzw. Kostenersparnis vielfach weitaus höher ausfallen, so dass sich das Engagement um eine richtige Immobilienbewertung wirtschaftlich lohnt.


Beispiel:

Eine 50-Quadratmeter-Wohnung in einem gutbürgerlichen Viertel in München laut Finanzamt ist sie 260.000 Euro wert.

Laut Sachverständigen-Gutachten gerade mal 170.000 Euro.

Ein genauer Blick auf die Eigenheiten der Immobilie macht schnell klar, warum das so ist: Die Wohnung liegt im 1. Obergeschoss mit Blick in den Innenhof. Sie hat kein richtiges Bad, die Toilette wird zur Diele hin belüftet. Dusche nur notdürftig vorhanden.

Das Finanzamt war jedoch von einem Quadratmeterpreis von 5.200 Euro ausgegangen, einem Vergleichsfaktor aus einer Untersuchung mit sehr vielen Kauffällen in dieser Region. Individuelle Faktoren wie Ausstattung oder baulicher Zustand blieben außen vor.

 

Der Experte:

Bei der Berechnung des Verkehrswerts für ein Mietwohngrundstück geht das Finanzamt meist von Standards und Annahmen aus, die den Immobilienmarkt nicht immer abbilden.

Der Berechnung liegt ein starres Schema zugrunde. So ist der Liegenschaftszinssatz für Mietwohngrundstücke unterschiedlich - je nach Ort und wird meist vom örtlichen Gutachterausschuss festgelegt.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Grundstück in Berlin, Hamburg, Dresden oder mitten in München liegt. (Gilt nicht für einzelne Eigentumswohnungen)

Eine weitere Fehlerquelle stellt der Bodenrichtwert dar. Es ist ein durchschnittlicher Lagewert, der aus den Kaufpreisen von Grundstücken ermittelt wird. Zuständig für die Ermittlung sind die Gutachterausschüsse von Städten, Gemeinden und Landkreisen. Diese Mitarbeiter aus ehrenamtlichen Experten führen Kaufpreissammlungen und leiten daraus mindestens alle zwei Jahre einen Bodenrichtwert ab, den das Finanzamt übernimmt. Individuelle Eigenschaften eines Grundstücks kommen nicht zum Tragen. In ein oder zwei Jahren, kann sich am Immobilienmarkt viel verändern.

Für das Finanzamt ist dieses standardisierte Verfahren am einfachsten.
Auch wenn der angesetzte Verkehrswert dadurch mal zu hoch oder zu niedrig ausfällt – im Hinblick auf das Steueraufkommen dürfte sich das ausgleichen.

Doch so unproblematisch stellt sich das aus Sicht der Erben nicht dar.

Niedrigerer Wert: Im Einzelfall kann der ErbSt-Schuldner nachweisen, dass der wahre (gemeine) Wert geringer ist. In der Praxis bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige einen Gutachter mit der Wertermittlung beauftragt. Die Kosten für das Gutachten kann der Erbe vom zu versteuernden Erbe absetzen.